Predigt am 25.05.2003

- Fünfter Sonntag nach Ostern, sd -
(Kirche zum Mitreden, 25.05.2003)
Jak 1,22-27; Joh 16,23-30

"Ich sage euch: wenn Ihr den Vater in Meinem Namen um etwas bitten werdet, so wird Er es euch geben. ... Ich brauche den Vater nicht für euch zu bitten; denn der Vater selbst liebt euch, weil ihr Mich geliebt, und geglaubt habt, daß Ich von Gott ausgegangen bin."
Im Brevier, dem Gebet der Priester, steht zu dem heutigen Evangelium eine Erläuterung des hl. Kirchenlehrers Augustinus. Augustinus schreibt über die Formulierung: "den Vater bitten im Namen Christi": Nichts wird im Namen Christi erbeten, was gegen die Heilsordnung gerichtet ist. Man muss so über Christus denken, wie es der Wirklichkeit entspricht. Ein verzerrtes Christusbild führt zu Bitten, die nicht wirklich im Namen Christi gesprochen werden. Es ist also unerlässlich, sein Wissen über Christus zu vermehren und ggf. von irrigen Vorstellungen zu reinigen. Man muss Christus so kennen wollen, wie er wirklich ist, man muss wissen, wie er gelebt und was er gelehrt hat. Aus der mangelhaften Kenntnis über Christus erwachsen Bitten, die mit dem Christentum schlichtweg nicht zu vereinbaren sind. Wieviele Strömungen gibt es, die sich christlich nennen, und die dennoch nicht im Namen Christi bitten? Wieviele Bitten werden gesprochen, die mit dem eigentlichen Sinn des Christentums unvereinbar sind?
Wer kein ordentliches, fundiertes Wissen über Christus besitzt, der setzt sich der Gefahr aus, in einen Strudel von Meinungen hineingezogen zu werden und die Orientierung zu verlieren; die Zugehörigkeit zur Kirche erleidet Schiffbruch, das katholische Bekenntnis geht in einer Woge irriger Vorstellungen unter. Also: Wir müssen im Namen Christi bitten, und das bedeutet, wir müssen so bitten wie es der Wille Christi ist, wie es der Heilsordnung entspricht. Und deshalb müssen wir Christus kennen so wie er ist, nicht wie es unserem Wunschbild oder den irreführenden Worten falscher Propheten entspricht.
Verhältnismäßig einfach ist es, sich von kindischen, hochgradig lächerlichen Vorstellungen bzgl. des Bittgebetes zu trennen, die das Bittgebet für ein Anliegen so bewerten wie das Bezahlen an der Supermarktkasse: Um ein bestimmtes Anliegen erfüllt zu bekommen, muss man nur eine bestimmte Anzahl von Gebeten sprechen. Wenn diese Anliegen nämlich nicht im Sinne der Heilsordnung sind, also nicht letztlich dazu dienen, dass Gott die Ehre erwiesen wird, wie kann man dann noch sagen, man würde im Namen Christi bitten? Christus hat den Willen des Vaters erfüllt, und der Wille des Vaters ist, dass die Menschen das ewige Heil wählen und empfangen. Strebt man etwas an, dass auf dem Weg zum ewigen Heil nutzlos oder direkt schädlich ist, bittet man nicht im Namen Christi.
Etwas schwieriger zu durchschauen sind dagegen die Methoden der Irreführer, die die Worte Christi zitieren, um sie in einen falschen Zusammenhang zu stellen. Diese Vorgehensweise ist nicht wirklich neu. Man denke an die Versuchung Christi in der Wüste: Der Teufel versuchte Christus, indem er seine Forderung an Christus mit einem Schriftwort begründete: "Wenn Du Gottes Sohn bist, so stürze dich hinab; denn es steht geschrieben: Seine Engel hat Er ja zu Deinem Schutz befohlen; auf ihren Händen sollen sie Dich tragen, daß niemals Deinen Fuß an einen Stein Du stoßest." Der Teufel nimmt das Schriftwort nur als Vorwand, um Christus zu einer Tat der Ehrsucht zu bewegen, er reißt das Schriftwort also aus seinem Sinnzusammenhang der Verheißung, um es in einen falschen Sinnzusammenhang der Ehrsucht zu stellen. Wer den Sinnzusammenhang der Hl. Schrift ändert, wie kann der noch im Namen Christi bitten?
Ein anderes Beispiel: In seinem hohepriesterlichen Gebet betet Christus für die Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen: "Laß sie alle eins sein. Wie du Vater, in mir bist und ich in dir bin, so laß sie in uns eins sein, damit die Welt es glaube, daß du mich gesandt hast" (Joh 17,21). Bittet also jeder, der das Wort Christi: "Laß sie alle eins sein", auf den Lippen führt, auch wirklich im Namen Christi? Um welche Einheit wird gebetet? Um die Einheit, von der Christus spricht, also um die Einheit in der Wahrheit, oder um eine Einheit, die sich zu Unrecht auf Christus beruft, nämlich um eine Einheit in der Unwahrheit? Auch heute noch gibt es Menschen, die mit lauter Stimme von der Einheit der Gläubigen sprechen und behaupten, sie würden für die Einheit der Gläubigen beten, die aber völlig falsche, unchristliche Vorstellungen davon haben, was Christus mit der Einheit der Gläubigen meinte. In solchen Fällen ist Vorsicht geboten.
Im ersten Gebet der heutigen heiligen Messe bittet die Kirche um die Erleuchtung, den Willen Gottes zu erkennen: "O Gott, von Dir kommt alles Gute; darum schenk uns auf unser Flehen die Gnade, von Dir erleuchtet, zu denken, was recht ist, und, von Dir geleitet, es auch zu vollbringen."
Wenn wir denken, was recht ist, werden wir auch unsere Anliegen so vor Gott tragen, wie es sich geziemt, nämlich im Namen Christi. Wir bitten um die Erleuchtung, weil wir von Gottes Gnade abhängen. Aber es könnte fatale Folgen haben, würden wir uns bereits mit der Bitte um Erleuchtung begnügen, und nicht versuchen, durch Beschäftigung mit der Glaubens- und Sittenlehre der Kirche unser Wissen zu erweitern und ggf. zu korrigieren. Wozu hat Christus denn das Volk und insbesondere die Apostel mit Worten und Taten belehrt? Weswegen hat er ihnen seine Lehre in Worten anvertraut und sie beauftragt, diese Worte weiterzugeben? Doch ganz sicher nicht, weil er jeden Menschen direkt und ohne Vermittlung durch die Kirche erleuchten wollte. Deshalb hat die Kirche in den verschiedenen Lehrschreiben, besonders in den Katechismen, den Gläubigen einen sicheren Halt gegeben. Wer sich ganz auf seine private Erleuchtung verlässt und die kirchlichen Lehren geringschätzt oder sich gar vor ihnen versperrt, der wird leicht zu einem Spielball der Irreführer; er wird sich von jeder noch so abwegigen Meinung beeinflussen lassen, er wird vielleicht sogar so tief sinken, dass er einen Atheisten als Informationsquelle für theologische Fragen akzeptiert, weil er dessen bloß geheucheltes Christentum nicht mehr durchschaut.
Die ersten drei Wochentage vor dem kommenden Fest Christi Himmelfahrt sind Bitttage. Es sollen Bittprozessionen stattfinden, bei denen die Allerheiligenlitanei gebetet wird. Wer die Zeit erübrigen kann, sollte diese Tage nutzen, um seine Bitten mit den Bitten der gesamten Kirche zu vereinen, wo auch für die Einheit gebetet wird: "Daß Du alle Irrenden zur Einheit der Kirche zurückrufen und alle Ungläubigen zum Lichte des Evangelium führen wollest." Amen.

"Witz" z.Th. Bittgebet:
"Ein Mann fragt einen Franziskaner: Welche Novene muss ich beten, um einen Mercedes-Benz zu bekommen. Der Franziskaner fragt zurück: Was ist ein Mercedes-Benz? Dann fragt der Mann einen Jesuiten: Welche Novene muss ich beten, um einen Mercedes-Benz zu bekommen. Der Jesuit fragt zurück: Was ist eine Novene?"

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