Predigt am 18.05.2003

- Vierter Sonntag nach Ostern, sd -
(Kirche zum Mitreden, 18.05.2003)
Jak 1,17-21; Joh 16,5-14

In der heutigen Lesung mahnt der hl. Apostel Jakobus: "Darum legt ab alle Unreinigkeit und allen Auswuchs der Bosheit und nehmet an mit Sanftmut das eingepflanzte Wort, das eure Seelen retten kann." Wird es uns in dieser Erdenzeit gelingen, ein für allemal alle Unreinigkeit und allen Auswuchs der Bosheit abzulegen? Das Konzil von Trient verkündete als unfehlbare Lehre: "Wer behauptet, der einmal gerechtfertigte Mensch könne ... während des ganzen Lebens alle, auch die läßlichen Sünden meiden, ohne besonderes von Gott verliehenes Vorrecht, wie es die Kirche von der seligsten Jungfrau lehrt, der sei ausgeschlossen" (NR 760).Wir dürfen uns also nichts vormachen: Wir werden immer wieder lässliche Sünden begehen. Wir werden immer wieder für neues Fehlverhalten Gott um Verzeihung bitten müssen, wir werden immer wieder für neue Sünden Buße tun müssen. Also bleibt der Kampf gegen alle Unreinigkeit und allen Auswuchs der Bosheit bestehen. Niemals darf man den Kampf gegen die Sünde verloren geben. Niemals darf man sich mit seinen schlechten Gewohnheiten zufriedengeben. Niemals darf man in Verzweiflung und Resignation fallen, dass man gewisse Sünden, insbesondere schwere Sünden, einfach immer wieder begeht.Will man den Kampf gegen die Sünde erfolgreich führen, wird man insbesondere dem Beichtsakrament grosse Aufmerksamkeit schenken. Die Kirche schreibt ihren Kindern vor, einmal im Jahr das Beichtsakrament zu empfangen. Bei jeder Beichte müssen alle ungebeichteten schweren Sünden bereut und dem Beichtvater nach Art und Zahl genannt werden. Die lässlichen Sünden zu beichten, ist zwar nicht vorgeschrieben, wird aber von der Kirche als erlaubt, gut und nützlich empfohlen. Außerdem empfiehlt die Kirche auch den häufigeren Empfang des Beichtsakramentes. Bei bestimmten Situationen ist sogar eine weitaus häufigere, regelmäßige Beichte ausdrücklich vorgesehen. So enthält das Kirchenrecht eine Vorschrift (can. 1367,3) für diejenigen, die sich auf das Priesteramt vorbereiten: "Die Seminaristen sollen auch wöchentlich wenigstens einmal beichten und häufig mit gebührender Andacht die hl. Kommunion empfangen." Wenn man sich mit dem Gedanken trägt, einen geistlichen Beruf anzustreben, sollte man sich in den häufigeren Beichtempfang einüben.
Überlegenswert wäre der häufige Empfang des Beichtsakramentes auch bei besonderen Situationen des beruflichen oder familiären Bereiches. Bestimmte Belastungen in Beruf oder Familie können vielleicht besser bewältigt werden, wenn man das Beichtsakrament in Anspruch nimmt. In Zeiten der Trauer zeigt uns das Sakrament sehr sinnfällig die verzeihende Gnade Gottes, woraus Trost und Zuversicht erwachsen. Der Kern des Sakramentes ist natürlich keine psychologische Hilfe, und der Beichtvater darf ja auch nicht seinen Kompetenzbereich überschreiten. Entscheidend ist, dass wir das Gnadenleben vertiefen und ggf. den verlorenen Gnadenstand wiedererlangen. Allerdings muss man auch nüchtern sehen, dass gewisse psychologische Schwierigkeiten durchaus in moralischem Fehlverhalten begründet oder wenigstens dadurch begünstigt sein können.
Es kann auch sein, dass man Schwierigkeiten bei sich feststellt, bestimmte schwere Sünden zu meiden. Nun ist die Versuchung selbst, solange man ihr keinen Raum gibt, also nicht mit Wohlgefallen daran denkt und erst recht keine sündhaften Handlungen begeht, noch keine Sünde. Allerdings sobald man bei den sündhaften Gedanken verweilt, hat man schon den ersten Schritt getan. Die Ausführung einer sündhaften Handlung wäre dann nur noch der zweite Schritt. Ist man dann in schwere Sünde gefallen, und die Heilige Schrift warnt besonders eindringlich vor den Sünden der Unreinheit, dann fällt es oft sehr schwer, nicht erneut in die Sünde zu fallen. Man steht in sehr großer Gefahr, sich an die schwere Sünde zu gewöhnen, d.h. auch künftigen Versuchungen sehr leicht zu erliegen.
Wer häufig und regelmäßig beichtet, wird sich wahrscheinlich bereits wegen seiner Gedankensünden anklagen und es nicht erst zur sündhaften Handlung, geschweige denn zu mehrfachen, gewohnheitsmäßigen sündhaften Handlungen kommen lassen. Er wird wahrscheinlich sogar manche Sünden trotz bedrückender Versuchung ganz unterlassen. Er wird wahrscheinlich ein besseres Gespür dafür haben, wie er die Verführungen zur Sünde meiden kann, und wird er mit Versuchung unabsichtlich konfrontiert, dann wird er möglicherweise sofort und ohne jeden faulen Kompromiss sich von der Verführung abwenden. Und wenn er eine lässliche Sünde begangen hat, wird er wahrscheinlich eine schwere Sünde noch immer vermeiden.
Wegen des Kirchengebotes der Osterkommunion genügt es zur Erfüllung des Kirchengebotes der jährlichen Beichte, dass man bis kurz vor der Osterkommunion mit der Beichte wartet. Man kann also monatelang im Zustand der schweren Sünde leben, wenn man nur auf das Kirchengebot schaut. Aber was für ein Elend ist die schwere Sünde. Sie ist der Tod der Seele, und wenn sie nicht in der Erdenzeit vergeben wurde, was in der gewöhnlichen Form nur im Beichtsakrament erfolgen kann, hat sie in der Ewigkeit die Höllenstrafe zur Folge.
Wie könnte jemand also angesichts dieses Elendes ernsthaft zögern, nach einer schweren Sünde bei nächster Gelegenheit das Beichtsakrament zu empfangen? Absolut verwerflich wäre es, wollte man nach einer schweren Sünde absichtlich die Zeit bis zur vorgeschriebenen Osterkommunion und der vorausgehenden notwendigen Beichte quasi nutzen, um weitere schwere Sünden zu begehen. Zwar kann man das Glück haben, dass man sich dann tatsächlich noch rechtzeitig mit der notwendigen Reue von seinen Sünden abwendet und würdig das Beichtsakrament empfängt. Aber sehr wahrscheinlich ist es dann nicht mehr. Die Reue, wenigstens aus Angst vor der Sündenstrafe, ist zur gültigen Lossprechung zwingend erforderlich. Und niemand weiß, wieviel Zeit ihm noch bleibt.
Eine andere Gefahr, in der der Todsünder steht, der mit dem Empfang des Beichtsakramentes lange wartet, ist die Resignation. Man glaubt nicht an die Barmherzigkeit Gottes. Man meint, man könne der Verurteilung beim Gericht nicht entgehen und stehe rettungslos vor der Notwendigkeit, die ewige Sündenstrafe zu erleiden. Indem man aber seine Zuflucht im Beichtsakrament nimmt, entgeht man der lähmenden Resignation, schöpft neue Kraft im Kampf gegen das Böse und kann zum tatkräftigen Streiter für Wahrheit und Gerechtigkeit werden.
Auch wenn lässliche Sünden in unserem Leben nie ganz ausgeschlossen werden können: Es ist möglich, ohne schwere Sünde zu leben. Es ist möglich, immer den Gnadenstand zu bewahren, der uns in der Freundschaft mit Gott leben lässt, der uns zum würdigen Empfang des Altarsakramentes befähigt, und der uns einst zur ewigen Freude des Himmels führt. Amen.

S. auch:
Beichtspiegel
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