Richard Williamson und die Holocaustleugnung

- Pressemeldung: Anmerkungen zu einem Interview mit Gerhard Ludwig Müller -
(Kirche zum Mitreden, 09.10.2012)
Gerhard Ludwig Müller, sog. "Präfekt der Glaubenskongregation" der Gruppe des sog. "Zweiten Vatikanischen Konzils" (V2), gab kürzlich dem "National Catholic Register" ein (englisches) Interview, veröffentlicht am 02. und 04.10.2012. Thema war u.a. Richard Williamson aufgrund seiner notorischen Kritik an Berichten über Massenvergasungen von Juden. Dazu meinte nun Müller: "Es ist einfach inakzeptabel, dass ein Christ (...) alles das leugnet, was die Nazis gegen das jüdische Volk getan haben, ihre Ausrottung. Wie ist es möglich, diesbzgl. so kaltherzig zu sein? Es ist absolut inakzeptabel".
Zum Hintergrund: Williamson hatte in einem Interview v. 01.11.2008 (gesendet am 21.01.2009 im schwedischen Fernsehen) geäußert: "Ich glaube, dass es gar keine Gaskammern gab […] Ich denke, dass 200.000 bis 300.000 Juden in nationalsozialistischen Konzentrationslagern umgekommen sind […] aber keiner von ihnen durch Gaskammern." Dabei verweist Williamson auf den "Leuchter Report" von Fred Leuchter, der im sog. "Revisionismus" ("Holocaustleugnung") sehr bekannt ist. Gem. Leuchter wurden in der berühmten Auschwitz-Gaskammer keine Massenvergasungen durchgeführt. Aber das äußerte auch z.B. Fritjof Meyer, u.z. in der von Rita Süssmuth herausgegebenen deutschen Zeitschrift "Osteuropa": Laut Meyer fanden die Vergasungen in Bauernhäusern statt, und die Gesamtzahl der Auschwitz-Ermordeten betrug 510.000, davon 356.000 Vergasungen. Trotz Strafanzeige gab es kein Strafverfahren gegen Meyer oder gegen "Osteuropa", weil "sich der Beschuldigte in seinem Aufsatz klar von jedweden Bestrebungen, den Holocaust und seinen Schrecken zu verleugnen oder zu bagatellisieren ab[grenzt]". Also: Sind die von Williamson geschätzten 200.000 bis 300.000 ermordeten Juden eine "Bagatelle", ein Leugnen von "allem", ein Ausdruck von "Kaltherzigkeit"? Zudem: Die bekannte 6-Millionen-Zahl wurde sogar von Holocaust-Schriftsteller Raul Hilberg straffrei auf 5,1 Millionen "bagatellisiert".
Über den Leuchter-Report kann man sich im Internet informieren, ebenso über weitere revisionistische Publikationen wie das "Rudolf-Gutachten" von Germar Rudolf oder über das Video-Interview, das der Jude David Cole mit Auschwitz-Direktor Franciszek Piper geführt hat. Doch nicht revisionistische Einzelfragen sind hier das Thema, sondern: Darf man überhaupt die von Williamson geäußerte Meinung zum Holocaust haben?
Müller spricht hier von einer "einfach" / "absolut" "inakzeptablen" Meinung. "Inakzeptabel"? Also: Die Kirche kennt sog. "Zensuren", d.h. Beurteilungen von Aussagen. Wenn ein Satz im Widerspruch steht zu einem Dogma, dann wird dieser Satz als Häresie verurteilt. Die Vergasung von Juden nun ist absolut gar kein Bestandteil des katholischen Glaubensinhaltes. Im dogmatischen Sinne kann hier also auch keinerlei Zensur ausgesprochen werden. Und konkret: Die Mitteilung des Roten Kreuzes bzgl der Vergasung von Edith Stein wurde von katholischer Seite als unglaubwürdig eingestuft, cf. Sr. Teresia Renata de Spiritu Sancto, "Edith Stein - Eine große Frau unseres Jahrhunderts", Köln (3)1957, S. 2 und S. 204. Diese authentische Ausgabe der Kölner Karmel wurde auch in dritter Auflage *nicht* als "inakzeptabel" beurteilt, geschweige denn irgendwie verurteilt. Zugegeben: Auschwitz hat bei Holocaust-Publizisten eine eminent religiöse Bedeutung als "Allerheiligstes" (Robert Jan van Pelt) und als "Widerlegung Christi" (Claude Lanzman). Insofern ist dann tatsächlich auch über Zensuren nachzudenken, u.z. welchen Strafen jemand verfällt, der die Äußerungen dieser Holocaust-Publizisten billigt.
Aber ist denn der Glaube an den Leuchter-Report eine - womöglich schwere - moralische Verfehlung, d.h. eine (Tod-) Sünde? Tatsächlich: Ggf. muss man die Glaubwürdigkeit von Aussagen überprüfen. Wer jedoch bei einer wissenschaftlichen Frage überfordert ist, handelt trotzdem moralisch richtig, wenn er diejenige Aussage glaubt, die er ernsthaft für plausibel hält.
Und welche Bedeutung hat es, dass der - nach außen gezeigte - Glaube an den Leuchter-Report strafbar ist? Angesichts der Freiheit der Wissenschaft, Forschung und Lehre gem. GG Art. 5 ist eine staatliche Reglementierung historischer und naturwissenschaftlicher Fragen nicht vollkommen unproblematisch. Und wird eine Aussage dadurch glaubwürdiger, dass ihr Bestreiten bestraft wird?
Obendrein: In der BRD ist es auch strafbar, Abtreibung als "Mord" und dementsprechend als "Todsünde" zu bezeichnen. Die BRD stellt - nicht nur - hier lehramtliche Aussagen unter Strafe. Wer hier die Vorgaben der BRD billigt, handelt unmoralisch und kann zusätzlich kirchlich bestraft werden.
Fazit: Diese Williamson-Episode im Müller-Interview unterstreicht nur wieder, wie vollkommen verwirrungsstiftend Müller ist. Statt sich klarer Terminologie zu bedienen, wird mit nebulösen Worthülsen jongliert. Ob man - wie Müller behauptet - immer unbedingt an Rom festhalten muss, das lässt sich z.B. schnell durch eine Recherche nach "Pietro Rainalducci" resp. nach "Papsttum in Avignon" klären. Noch schlimmer ist Müllers Behauptung, die V2-Texte seien "bindend". Gerade hier ist doch die präzise Benennung konkreter Zensuren zwingend notwendig. Allerdings ist diese "Binde"-Behauptung ohnehin völlig falsch, denn die V2-Texte sind häretisch, s. z.B. den angeblichen "Heilswert" nichtkatholischer Gemeinschaften (UR I,3). D.h. durch Zustimmung zu / "Bindung" an V2 schließt man sich automatisch aus der Kirche aus. Müller und Williamson sind beide als V2-Bekenner Häretiker und somit Nichtkatholiken. Dies - und nicht die Debatte um den Leuchter-Report - ist wirklich heilsentscheidend.

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