Päpstin Johanna - Die Welt will betrogen werden

- Pressemitteilung zum Kinofilm "Die Päpstin" von Sönke Wortmann, basierend auf dem Roman von Donna W. Cross -
(Kirche zum Mitreden, 20.10.2009)
Derzeit läuft in deutschen Kinos der Film "Die Päpstin" von Sönke Wortmann, basierend auf dem Roman von Donna W. Cross. Titelgestalt ist eine "Johanna von Ingelheim", die Mitte des 9. Jhds. als sog. "Päpstin Johanna" resp. "Johannes Anglicus" die katholische Kirche regiert haben soll.
In diesem Zusammenhang veröffentlichte film.de am 20.10.2009 ein Interview mit der "Päpstin"-Darstellerin Johanna Wokalek. Der Wortmann-Film wird dabei als "Historienromanverfilmung" bezeichnet, und im Interview wird ausführlich über "Johanna von Ingelheim" gesprochen. O-Ton Wokalek: "Johanna von Ingelheim hat eine bewundernswerte innere Klarheit und Kraft. Ein Vertrauen in sich selbst, das sie stets nach den richtigen Werten handeln lässt. Das hat mich sehr berührt. Das habe ich mitgenommen."
Darf angesichts der "Päpstin"-Fabel wirklich von "Klarheit" und "richtigen Werten" geschwärmt werden?
Zum Hintergrund s. J. Marx, Lehrbuch der Kirchengeschichte, Trier (8)1922, 285f:
"Die mittelalterliche Sage lässt nach dem Tode Leos IV., 17. Juli 855, ein Mädchen Namens Johanna den päpstlichen Stuhl während zweieinhalb Jahren inne haben. Diese Fabel tauchte zuerst in der Metzer Weltchronik im J. 1250 auf, wurde dann bald in das vielbenutzte Geschichtswerk des Martinus von Troppau, genannt Polonus, eingeschoben und fand dadurch weite Verbreitung. Jene Zeit nahm die Erzählung gläubig hin, zu Siena wurde der Päpstin eine Büste errichtet, und der h. Antoninus behandelt die Frage, ob die Weihen dieser Päpstin gültig gewesen seien. Zweifel an der Sache erhob zuerst Äneas Silvius Piccolomini, der spätere Papst Pius II. (1458 / 64), sodann Platina. Panvinius († 1568) wies sie entschieden zurück, während die Magdeburger Zenturiatoren glaubten, den fetten Bissen sich nicht entgehen lassen zu dürfen. Nur einzelne protestantische Fanatiker wollen noch in unserer Zeit an der Sache festhalten. Dass sie Fabel ist, erweisen folgende sichere Tatsachen:
1. Leo IV. starb am 17. Juli 855, und am 7. Oktober desselben Jahres stellt Benedikt III. eine Urkunde für Alt-Korvey aus.
2. Eine römische Münze zeigt die Bilder Benedikts III. und Kaiser Lothars I., gestorben am 17. September 855; also war ersterer beim Tode des letzten schon Papst.
3. Ein Bote Hinkmars von Reims erfährt auf dem Wege nach Rom den Tod des Papstes Leo und findet, dort angekommen, Benedikt schon als Papst. Durch diese Tatsachen wird der Bericht des LP. [Le Liber Pontificalis, Texte, introduction et commentaire par L. Duchesne, Paris 1886, 1/2] bestätigt, so dass seine Angaben als sicher zu betrachten sind. Er berichtet, dass Benedikt "bald" nach dem Tode Leos gewählt und am 29. Sept. geweiht wurde und inzwischen eine Gesandtschaft von Kaiser Ludwig II. erbeten und erhalten hatte."
K. Algermissen (Kirchengeschichte, Celle (2)1956, 181) schließt seine Ausführungen zu der Frage "215. Hat es eine Päpstin Johanna gegeben?" mit der Feststellung:
"Die Fabel von der Päpstin Johanna ist seit vier Jahrhunderten von der Wissenschaft, auch von der nichtkatholischen, erledigt, was aber gewisse Gegner der Kirche nicht stört, sie immer wieder einer einfältigen Masse als pikante Angelegenheit vorzusetzen."
J. Schuck (Geschichte der Kirche Christi, Würzburg 1953, 268) streift das Thema nur kurz:
"Aber das Märchen, das im zwölften Jahrhundert verbreitet wurde, ein Mädchen namens Johanna, in Mainz oder England geboren, habe kurze Zeit den Stuhl Petri eingenommen und sei dann als Betrügerin entlarvt worden, ist selbstverständlich nicht mehr als ein Märchen; schon im Jahr 1649 wurde es durch den gelehrten protestantischen Geistlichen David Blondel eingehend widerlegt. Die Fabel ist auch hier nur deswegen erwähnt, weil Kirchenfeinde oft jedes törichte Gerede auflesen."
Fazit: Diese Hartnäckigkeit, mit der selbst klar widerlegte, sogar hetzerische Lügen verbreitet und geglaubt werden, mahnt zu größter Besonnenheit generell bei Themen, die als "offenkundige Tatsachen" verkauft werden.

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